Finn hat sich in den vergangenen Wochen oft über schwüle 36 Grad und beißenden Sonnenschein beschwert. Aber auch nur, weil er für eine Regenzeit gepackt hatte, die ihm bei der Buchung seiner Japanreise für seinen Reisezeitraum hoch und heilig angekündigt wurde. Es wäre die angenehmste Zeit für Besucher aus Europa, hieß es. Und nun? Nun war sie dann plötzlich doch da – die Regenzeit. Und Finn will den Sommer zurück.
Zunächst wurde es grau und tröpfelte. So schlimm könne das nicht sein, dachte Finn – sonnenverwöhnter und schirmloser Europäer – und trotzte dem bisschen Wasser. „Ich bin ja nicht aus Zucker.“, dachte er sich. Er hätte stutzig werden können, als sämtliche Japaner überraschend hektisch unter Brücken, Bäumen und Vordächern verschwanden. Finn, unbeeindruckt vom nervösen Treiben der Einheimischen und verstärkt auf die eigene Schrittfolge als auf die Suche nach einem Unterschlupf konzentriert hingegen, erinnerte eher an eine ganz und gar unhektische Schildkröte. In Hamburg nennt man sowas Traumwetter. Was soll schon aus diesem mickrigen Wölkchen da kommen?“ murmelte Finn vor sich hin und bummelte fröhlich weiter durch die Straßen der japanischen Metropole.
Hunde und Katzen. Ach was, Rinder und Nilpferde regnete es aus eben Jenem Wölkchen. Es dauerte nur Sekunden bis Finns, für bestes Sommerwetter ausgesuchtes hellblaues Outfit, vor Nässe die Farbe in ein Paar Oktaven tieferes Nachtblau wechselte. Ein wenig und ettliche mühsame Versuche des Trockenwringens seiner Touristenkluft machte Finn sich auf herauszufinden, ob so ein Loch im Himmel normal sei für Japan und fragte an der Rezeption seines Hotels nach. „Buddah“, hieß es da. „Aha.“ dachte sich Finn verdutzt. „Buddah made rain come Japan.“. „Aaaha! Na dann wollen wir doch mal diesem ominösen Herrn Buddah einen Besuch abstatten und dem mal den Ast gerade biegen.“ wetterte Finn, in angesäuerter Erwartung auf Widergutmachung. Als mecker-geübter Deutscher wisse er doch schließlich ganz genau, wie er sich gegen solch eine Unverfrohrenheit zu wehren hätte. Die nette Hotelangestellte piepste Finn beim Hinausgehen freundlicherweise noch zu, wo er Buddah am Besten finden könne. Finn machte sich sodenn direkt auf den Weg.
Am Zielort angekommen war Finn von dem Prachtbau, den sich der japanischer Staatsmann, mitten in der Millionenstadt Nagoya hat hinbauen lassen. Er versuchte nur kurz das lieblos-nüchterne Mobiliar nebst okkafarbenen Teppichen und sumpfgrünen Vorhängen, die er von deutschen Ämtern kennt, mit Beschreibungen á la „moderne Nüchternheit“ schönzureden. Natürlich erfolglos. Das hier war schlicht eine ganz andere Liga. Das wurde Finn spätestens mit Blick auf die offensichtlich viel entspanntere Arbeitsatmosphäre klar, als an ihm Angestellte in Bademänteln an ihm vorbeitänzelten. Von Einem wollte Finn verdutzt wissen, wo er denn nun sei, der Hausherr. Diesen Mann müsse er unbedingt kennenlernen. Zu viel gebe es zu besprechen. „Buddah is everywhere“, antwortete der sichtlich irritierte, aber sehr freundliche Japaner. „Ok“ sagte sich Finn, „Hat er Recht. Ein bisschen selbstverliebt ist der kleine dicke Mann offenbar schon.“. Wirklich ‚everywhere‘ war nämlich sein goldenes Konterfrei aufgestellt. Seine Frage, wo genau sich der beliebte Mann denn gerade aufhalte, hätte sich Finn auch sparen können. „In the air. In the sea. And in your heart“. wurde ihm entgegnet. „Ach so ist das mit dem.“ dämmerte es Finn. „Na prima, dann kann er ja noch mal genau nachschauen, ob ich mir wirklich so viel Regen gewünscht habe. Einen Tag vor meiner Heimreise. Das hätte doch auch noch Zeit gehabt. Aber so ist das nun mal mit dem Regieren. Nie kann mans` Allen Recht machen“. gestand sich Finn schließlich ein.
Bevor sich Finn wieder auf den Heimweg machte, drückte ihm der freundliche Mitarbeiter von vorhin noch ein Räucherstäbchen in die Hand. Er sollte es anzünden und in einen Topf voll Sand stecken und sich den Rauch ins Gesicht fächern. „Nun gut.“ dachte sich Finn und folgte den zeremoniellen Anweisungen des Herren ganz genau, in der Hoffnung, vielleicht am Ende doch noch einen guten Eindruck zu machen und am nächsten Morgen trocken und wohlbehalten zu Hause anzukommen.