Gemeinsam mit Darian bereiten sich die Jäger auf den Angriff auf den Kaiserpalast vor. Darian erzählt der Ältesten von einem geheimen Hintereingang durch einen stillgelegten Trakt der Kanalisation, den er noch aus seinen Kindheitserinnerungen mit Nazar kenne. Am Abend vor dem Angriff sitzen Joy und Darian gemeinsam im Zelt. Darian erzählt von seinen durchweg positiven Erinnerungen an Nazar und dem Kaiserreich. Joy sieht ihn ungläubig an und beschreibt ihrerseits, wie Boten die Kaiserstadt unter der brutalen Herrschaft eines durch einen magischen Fluch grausam gealterten Nazar erlebt haben. Von dem reservierten Jungen, den Darian beschreibt soll nur wenig übrig sein. Nazar führe das Reich mit harter Hand und beflecke mit dem Abändern des kaiserlichen Siegels den Namen des Bewahrers, erläutert Joy. Darian sieht ihr geschockt ins Gesicht – untermauert aber dennoch sein Bestreben Nazar gegenüber zu treten und die Wahrheit über seine Entführung ans Licht zu bringen. Joy rückt nah an Darian heran und flüstert ihm leise „Pass auf dich auf, Prinz.“ ins Ohr, während sie ihre linke Hand sanft auf seine Brust legt. Joy verharrt noch einige Sekunden in der zärtlichen Pose, als wolle sie Darian auf die Wange küssen – tut es aber nicht. Sie steht auf und schlendert langsam zum Ausgang des kleinen Zeltes. Joy dreht noch ein Mal ihren Kopf zu Darian um und wünscht ihm eine gute Nacht. Dann verlässt sie das Zelt.
Der nächste Morgen ist der Tag des Angriffes. Der Schmied der Jäger spricht Darian auf seine angelhafte Ausrüstung an und händigt ihm auf Anheißen der Ältesten einige Sachen aus. Ein Krummsäbel, eine Jägerrüstung und ein liebevoll in Farnblätter verpacktes Paket. Sobald er bereit ist, solle Darian zur Feuerstelle kommen ruft der Schmied Darian zu und lässt ihn dann allein.
Darian findet ein Stück Rinde, auf das eine augenzwinkernde Botschaft geschrieben ist: „Ist dir die Rüstung wieder zu klein, Prinz?“. Darian öffnet das Paket. Darin findet er das blaue kaiserliche Gewand, das während seiner Flucht in den Wald beschädigt worden war. Die Löcher sind in liebevoller Kleinstarbeit gestopft und auch die Risse sind nicht mehr zu sehen. Ein Paar zusätzliche Verzierungen, ähnlich derer auf den Rüstungen der Jäger, und einige schützende Lederriemen wurden ergänzt. Das Gewand passt wie angegossen. Darian ist bereit für den Angriff und begibt sich zur Feuerstelle.
Eine Gruppe Jäger hat sich um die Feuerstelle des Lagers versammelt. Es ist nur ein kleiner Stoßtrupp – nicht mehr als 15 mit Armbrüsten und Dolchen bewaffnete Männer und Frauen. Sie knien in einem Kreis um das Feuer. Auch Joy ist unter ihnen. Sie hält ein kleines Bündel aus verschiedenen Blättern in ihren Händen, die sie wie eine Schale geformt hat. In der Mitte der Gruppe steht die Älteste Lynn. Sie bittet den Bewahrer darum, die magischen Kräfte der Natur wie eine schützende Hand über ihre Familie zu legen. Dann werfen die Jäger ihre Blätterbündel gleichzeitig in das Feuer. Die Flamme schießt für einen kurzen Moment in die Höhe und färbt sich dabei grünlich. Dann erlischt das Feuer und die Jäger reißen unter lautem Gebrüll ihre Bögen in die Luft. Die Gruppe steht auf und stellt sich hinter Darian. Ihre kraftvollen Blicke sind voller Mut und Tatendrang. „Wir sind soweit!“ nickt Joy Darian zu.
Wie geplant führt Darian die Jäger durch den Wald in Richtung Enkydia, um ihnen den Eingang zu dem verlassenen Kanalisationstrakt zu zeigen. Nebelschwaden ziehen durch das Unterholz. Immer wieder ist ein Knurren oder ein Bellen zu hören. Mal in der Ferne – mal ganz nah. Es dauert einige Stunden ehe die Gruppe des mit Efeu zugewachsene Gitter der Kanalisation erreicht hat. Ein Paar Gitterstäbe sind herausgebrochen. Die Lücke ist gerade groß genug, dass Einer nach dem Anderen in den feuchten, glitschigen Gang schlüpfen kann. Mitgebrachte Fackeln sind die einzigen Lichtquellen in dem ansonsten düsteren Gang, in dem man nur gerade so aufrecht gehen kann. Bei jedem Schritt knirscht der feuchte Schlamm unter den Stiefeln. Ratten laufen aufgescheucht umher. Ihr Quieken hallt durch die ovalen, in den Fels gehauenen Gänge. Die Gruppe arbeitet sich langsam weiter vor. Darian geht voran und warnt immer wieder vor gefährlichen, besonders maroden Stellen, Fallen, und Sackgassen. Nach einigen Minuten wirft Darians Fackel ihren Schein auf eine staubige, von Spinnenweben fast komplett eingehüllte Holztür. Lediglich ihr Griff ist sauber. „Hier ist es.“, flüstert Darian der Gruppe zu: „Das ist der Eingang zum Hof des Kaiserdoms.“. Die Jäger zücken ihre Bögen und Dolche. Joy macht einige Schritte nach vorne und wünscht Darian viel Glück bei seinem Plan, Nazar gegenüber zu treten. Dann gibt sie ihren Stammesbrüdern und Schwestern ein Zeichen und öffnet die Holztür. Gemeinsam rücken die Jäger in den Hof des Kaiserdoms vor. Darian folgt ihnen. Die Palastgarde ist von dem Angriff aus dem Hinterhalt sichtlich überrascht und greift erschrocken nach ihren Schwertern. Der Stoßtrupp der Jäger hat keine Mühen eine Wache nach der Anderen zu überwältigen und bahnt sich ihren Weg in Richtung der Schatzkammer. Ein letztes Mal treffen sich Joys und Darians Blicke.
Dann löst sich Darian von der Gruppe und schleicht sich weitestgehend unbemerkt durch die Hallen des Palastes in Richtung Thronsaal. Es hat sich viel verändert, im Vergleich zu seiner Kindheit. Die ehemals weißen Säulen des Palastes sind mit düsteren, schwarz-roten Bannern verhangen. Die Rüstungen der Palastgarde sind ebenfalls in diesen Farben gehalten. Immer wieder muss sich Darian in dunklen Ecken vor Wachen verstecken, die um ihr Leben bettelnde Gefangene durch die Gänge zerren. Dann trennen Darian nur noch wenige Gardisten von dem Thronsaal. Mit all der Schwertkunst, die ihm Joy vermittelt hat, kämpft er sich an ihnen vorbei und betritt den Thronsaal.
Nazar sitzt selbstbewusst auf dem Thron. Die Kapuze seines düsteren Gewandes verdeckt den Blick auf sein Gesicht. Um den Thron scharen sich mehrere vollbusige, leicht bekleidete Frauen. Jede von ihnen hält Nazar eine goldene Schale mit den unterschiedlichsten Inhalten entgegen. Weintrauben, Walnüsse, Rotwein. Ein Gut ist luxuriöser als das Andere. Nazar sieht Darian an und klatscht in seine Hände. Dann schiebt er die Frauen zur Seite und steht auf. Während er eine sarkastische Rede auf den Heldenmut und die unterhaltsame Vorstellung des dem Tode geweihten Eindringlings hält, bewegt sich Darian langsam auf Nazar zu. Als er die Stelle des zerbrochenen Siegels auf dem Boden erreicht hat, in dessen Mitte immer noch Kaans Schwert steckt, fällt Darian auf die Knie – sein Blick ist auf den Boden gerichtet. Er erklärt, dass er nicht gekommen sei um Nazar zu töten, sondern um ihn aus einem nebligen Traum aus längst vergangener Zeit aufzuwecken.
„Wer bist du?“ fragt Nazar mit irritierter, aber energischer Tonlage. „Es ist viel Zeit vergangen, Bruderherz.“ antwortet Darian und öffnet seinen Umgang, sodass das dunkelblaue, kaiserliche Gewand zum Vorschein kommt. Nazar fällt augenblicklich auf die Knie. „Das ist unmöglich!“ ruft er und streicht seine Kapuze von seinem Kopf. Bei dem Anblick von Nazars Gesicht erschrickt Darian. Es ist vernarbt und bleich. Seine drahtigen, grauen Haare reichen ihm bis an die Schultern. „Was ist mit dir geschehen?“, fragt Darian und streicht Nazar über die narbige Wangen. Nazar schlägt Darians Hand sofort weg, steht auf und brüllt ihn an: „Das fragst du? Du. der mich auf solch hinterlistige Art und Weise verraten hat?”. Nazar pausiert kurz. „Du hast Vater das Herz gebrochen und mir die Augen geöffnet. Nur die Magie hat die Macht die Menschen so zu kontrollieren, dass es nie wieder Jemand wagt mich zu verraten!“. „Dann ist es also doch wahr – das blaue Blut spendet euch zwar die Kraft Zauber zu wirken – doch raubt es euch gleichzeitig das Leben.“ stellt Darian fest. „Wie das ist, wenn man das Leben aus den Adern gesaugt bekommt, wirst du in wenigen Augenblicken am eigenen Leib erfahren! Es gab eine Zeit, da wäre ich dir überall hin gefolgt Darian – Heute sehe ich, dass du nie mehr als ein ständeloser Straßenbengel warst!“ kündigt Nazar in immer lauter und energischer werdendem Ton an und greift nach einem grünlich schimmernden Holzstab. „Hör mich an!“ ruft Darian noch einmal dazwischen und fragt Nazar, ob er sich erinnert, wer ihm am Tage seiner Entführung das blaue Gewand gegeben hätte. Nazars Augen werden plötzlich größer und wacher. Zum ersten Mal seit Darians Eindringen herrscht für wenige Augenblicke Stille. Dann erklärt Darian Nazar, was tatsächlich passiert ist.
Plötzlich öffnet sich eine Tür und Karda betritt den Thronsaal. „Was geht hier vor?“ ruft sie mit lauter, bestimmter Stimme. Ihre Blicke treffen sich mit denen von Darian. Ihre Mimik verrät, dass sie nicht erfreut ist ihn wiederzusehen. Sie befielt Nazar den Verräter Darian auf der Stelle für seine Schandtat zu bestrafen. Doch Nazar verwehrt seiner Mutter lautstark das Wort und sagt ihr leise – aber bestimmt: „Ein guter König weiß, wann er auf sein Herz hören muss. Und meines sagt mir gerade, dass nicht Darian es war, der von dem Thron besessen ist. Geh fort! Lasse dich nie wieder in der Kaiserstadt sehen oder ich verspreche dir, dass ich die Wände mit deinem Blut streichen werde!“. Karda wirft Darian noch einen letzten verachtenden Blick zu und verlässt dann leisen Schrittes den Kaiserdom.
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